Monday, March 2, 2009

Karneval in Bolivien

Karneval in Bolivien ist eine riesige Sache, und auch hier vermischt sich das spanisch-christliche Kolonialerbe mit vielen einheimischen Traditionen. Wie in aller Welt war letztes Wochenende Karneval, aber es gibt in Bolivien noch eine vielzahl von anderen Festtagen, die vorher und nacher sind.
Im November hat die Karnevalssaison angefangen, allerdings nicht am 11.11 wie in Deutschland sondern am 5. Der Anfang ist immer im November, allerdings wird das Datum irgendwie berechnet, wie genau weiss ich leider nicht. Die Zeit bis zum Rosenmontagswochenende wird mit regelmaessigen sog. "Convites" gefuellt, wahrend denen schonmal die traditionällen Tänze geprobt werden und so langsam auf Karneval eingestimmt wird. Der größte Karneval Boliviens findet in Oruro statt, wo er ursprünglicherweise von den Mineros - Minenarbeiter, zur Ehre ihrer Schutzpatronin, der Virgen de Oruro, gefeiert worden ist. Mit der Zeit ist dieses Motiv in den Hintergrund gerückt und die meisten nutzen den Karneval einfach nur zum Feiern - nur die Leute, die den Tanzgruppen angehören, ziehen ein Wochenende vor Karneval auf Knien in die Kirche ein, um der Jungfrau Ehre zu erweisen.

Die zwei Donnerstage vor Karneval feiert man Compadres und Comadres, eine Tradition die aus Tarija stammt und bis vor einigen Jahren groesstenteils nur von Campesinos, also von der Landbevölkerung gefeiert wurde. Bei Compadres feiern Männer untereinander, und der Compadre ist bester Freund, den man mit der Ernennung eigentlich im Todesfall seine Kinder anvertraut. Comadre ist das Pendant, dass von den Frauen gefeiert wurde. Mit meinen Freunden haben wir auch Compadre gefeiert, aber ohne den Sorgezusatz - wie in den meisten Fällen wird Comadre/Compadre als Entschudligung genutzt, um unter der Woche wegzugehen und zu trinken.

Den eigentlichen Karneval verbrachte ich mit Freunden in Oruro, einer Stadt, die außerhalb der Karnevalstage wirklich nicht viel zu bieten hat. Zu Karneval kommen aber gut und gerne 200.000 Touristen aus dem In- und Ausland, um sich das Spektakel anzusehen. Zu dieser Zeit schnellen alle Preise wahnsinnig in die Höhe, für die Hinfahrt haben wir zum Beispiel statt 15 50 Bolivianos bezahlt, und so sieht es mit fast allem aus - Hotels, Essen, Taxifahrtkosten, etc... Zum Glueck kommt meine Gastmama aus Oruro, so dass wir im Haus ihrer Großeltern umsonst wohnen konnten.
Freitag nachmittag ging es hin und am Abend wurde am Plaza Principal schon gut gefeiert, mit zwei Bühnen, Livemusik und danach einer Umsonst-und-Draußen Feier auf dem Plaza, Bier gab es in rauen Mengen und gefeiert wurde die ganze Nacht.

Samstag fing dann der eigentliche Karneval an. karneval bedeutet hier den Kampf gut gegen Böse, weswegen es als Teufel wie als Engel verkleidete Tänzer gibt.
Der Zug ging durch die ganze Stadt, wobei meine Freunde und ich uns am Plaza Principal auf der Tribune Plätze gekauft haben. An alle Namen der Tänze kann ich mich nicht erinnern, aber unteranderem gibt es die Diablada (mehr Infos http://www.acbev.de/pages/diablada.htm), die mit Teufelsmasken oder als Bären verkleidet durch die Stadt ziehen und DER Tanz des boliviansichen Karnevlas ist, Caporales, die mit Peitschen in der Hand tanzen und an die Nachfahren der spanischen Kolonialherren erinnern, da sie in der Tracht spanischer Wachposten tanzen, Tinkus, Tobas, Inkas, Morenadas und und und...Für Leute die es interessiert gibt es unter http://de.wikipedia.org/wiki/Bolivianische_T%C3%A4nze eine ganz gute Zusammenfassung

Den ganzen Samstag wurde getanzt und gefeiert, wodurch die Stadt leider sehr dreckig wurde - öffentliche Toiletten gab es kaum und die meisten waren so betrunken, dass so ein Detail ihnen sowieso egal war. Ich bin um 5 Uhr morgens langsam nach Hause gegangen, aber die letzte Gruppe von Samstag soll erst um halb 8 mit ihrem Rundgang fertig geworden sein. Nach der letzten Gruppe sind die Musikkapellen alle zum Socavon gelaufen und haben da mit Musik und mehr Tanz "el alba", die Morgendämmerung begrüßt, auch wenn es um 8 schon hell... Umso später es wurde, umso besser wurde der Karneval, weil viele Tanzgruppen mit Bengalischen Feuern getanzt haben oder die Diablada feuerspuckende Masken hatten, außerdem war es extrem lustig, da zu später Stunde nicht nur die Zuschauer, sondern auch Tänzer und Musiker extrem betrunken waren. Einige Tänzer blieben einfach vor den Rängen stehen und tanzten ihren eigenen kleinen Tanz während die Gruppe weiterzog, und einem Freund von mir hielt ein stockbetrunkener Trompeter seine Trompete hin und schrie "Toca vos, Toca vos" (Spiel du, spiel du)...
Das nach Hause laufen war allerdings nicht mehr ganz so schön, weil es einfach viel zu viel unglaublich besoffene gab, die alle wegen meines Aussehens dachten mit mir reden zu wollen, an mir gezerrt haben oder mich beschimpft haben, so dass ich doch froh war als ich zu Hause war. Sontnag war es aber doch schon lustig, durch die Straßen zu laufen, weil es viele Besoffene irgendwo auf der Straße gepennt haben und keine Schuhe mehr hatten - aufgrund der hohen Preise sind viele ohne sich ein Zimmer zu mieten und mit dem Vorsatz durchzumachen angereist, was nicht bei allen geklappt hat - den armen werden dann meistens die Schuhe geklaut...
Karneval ist in Bolivien auch immer mit Wasserbombenwerfen verbunden, was in Oruro ausgiebig gemacht worden ist, in La Paz aber von der Stadtregierung verboten wurde - es herrscht Wassermangel. Die Wasserversorgung hier wird größtenteils von einem Gletscher gesichert, der durch den Klimawandel langsam wegschmilzt, weswegen Wasser gespart werden soll....
Dienstag nach Karneval ist dann noch der Tag der Ch'alla, einer weiteren indigenen Tradition, zu der die Häuser geschmückt werden, die Familie zusammenkommt und gegrillt wird. Ch'alla ist der Dank an Pacha Mama, die Mutter Erde. Hierzu wird in die 4 Ecken eines jeden Zimmers Alkohol, Süßigkeiten und Konfetti oder ähnliches versprüht, damit Pacha Mama das Zimmer/Haus/Büro auch im nächsten Jahr behütet...

Um sich den Karneval zu verbildlichen hab ich Bilder hochgeladen hier... Die ofiziellen Fotos gibt es hier

Tuesday, February 17, 2009

Bolivianische Traditionen

Da ich wirklich lange nichts mehr hier geschrieben habe, wird dieser Einrtrag wohl ein Rundumschlag, der die inzwischen schon lange zurückliegende Weihnachtszeit genauso wie den anstehenden Karneval abdecken wird.
Weihnachten habe ich im Kreise meiner Gastfamilie verbracht. Insgesamt gesehen, hat Weihnachten hier nicht einen so großen Stellenwert wie bei uns in Deutschland. Die Familie kommt zusammen, man isst ein etwas üppigeres Essen und gibt sich dann um Punkt 12 in der nacht vom 24 auf den 25 eine kleine Aufmerksamkeit, auf größere Geschenke wird normalerweise verzichtet. Die beiden traditionellen Gerichte in Bolivien sind zum einen Pavo (Truthahn) oder Picana, eine dicke Suppe mit drei verschieden Fleischsorten. Bei uns gab es das erstere, den meine Gastmama und ich vorbereiteten. Da keiner von uns je Truthahn gemacht hatte, war es zwar ein ein ganz schönes Improvisieren, aber letztenendes ist er wirklich gut geworden. Um Punkt 12 wurde das Radio eingeschaltet und zu den Klängen von "Stille Nacht, heilige Nacht" auf deutsch sich eine frohe Weihnacht gewünscht. Der 25 war wie wohl überall in der christlich geprägten Welt Feiertag, an dem nochmal die Familie zusammenkommt.
Neujahr habe ich mit einigen Freunden mit einer kleinen Reise in den Süden des Landes verbunden. Es ging nach Tarija, die Stadt die vor allem für zwei Sachen bekannt ist: Wein, und die größte Neujahresfeier des Landes. Zu Neujahr verwandelt sich diese Kleinstadt in ein absolutes Mekka für Studenten aus ganz Bolivien und Argentinien, weil man bis zur argentinischen Grenze auch nur einige Stunden braucht.
Die 18 stündige Busfahrt war leider nicht so angenehm, weil die Landstraßen nach Tarija offiziell die schlechtesten des Landes sind, mit den meisten Un- und Todesfällen, was wir am eigenen Leibe erfahren mussten.
Tarija ist aber wunderschön gelegen, in einem hügelligen Grün auf etwa 2000 Meter. Im Umland gibt es eine menge Fluesse und Wasserfaelle, die zum Baden gut geeignet sind.

Um Punkt 12 nachts werden in Bolivien traditionellerweise 12 Weintrauben gegessen, die die 12 Monate des kommenden Jahres repräsentieren. Vor dem Essen jeder Weintraube muss man sich etwas für diesen Monat vornehmen. Statt einem guten Vorsatz macht man sich also hier 12.
Eine andere Tradition ist, an Silvester etwas rotes oder gelbes zu tragen. Rot steht fuer Liebe, gelb fuer Geld - meistens sind es Socken, die benutzt werden, und von denen hat man ja zum Glueck zwei was die Auswahl zwischen den beiden Sachen um einiges einfacher macht...

Am letzten Tag sind wir noch zu einem Naturreservat gefahren, dessen Herzstück ein Wasserfall ist, in dessen Basin man ohne Probleme schwimmen kann. Uns blieb das leider vewaehrt, da nach einer halben Stunde Kraxelei auf einem engen, überwachsenen Pfad uns leider eine Kuh gegenüberstand, an der fuer uns kein Vorbeikommen war...

Am 24. Januar fing in La Paz "La feria de la abundancia" auch Las Alacitas genannt, an. Diese Feria hat verschiedene Namen und noch verschiedenere Geschichten. Mein Gastvater hat mir erklärt, dass dieser Markt auf das 16 Jahrhundert zurückgeht und der indigenen Bevölkerung entstammt. Nach einer Dürreperiode gab es ein sehr fruchtbares Jahr, und deswegen feierte die Bevölkerung dieses Fest des Überflusses. Ein anderer Name der Feria ist "Feria de la virgen de La Paz", und ist dem Bildnis der Gottesmutter von La Paz gewidmet, mit dessen Hilfe die Bewohner der Stadt mit europäischen Wurzeln im Jahre 1781 eine Indiobelagerung zerschlagen konnten.
Heute sind die Alacitas in allen Schichten beliebt und ein weiterer Beweis für das reiche kulturelle Erbe des Landes. Auf der Feria wird vor allem Artesania dargeboten, also kleine Figuren, Häuser und Spielzeuge.
Normerweise kauft man sich eine Miniaturanfertigung einer Sache, die man während des Jahres erreichen will und was nicht fehlen soll - somit gibt es Unidiplome, Häuser, Computer, Geldscheine, Essen, und und und... Aber alles halt als Minimodell. Damit sich diese Sachen verwirklichen, muss man sich diese Miniausgaben von jemanden Segnen lassen, allerdings am 24. Januar um Punkt 12 Nachmittags. Zum Segnen werden die Sachen mit Weihwasser und einer anderen Flüssigkeit besprueht, ueber Rauch geschwenkt während der Priester irgendwelche Formeln auf Aymara murmelt und Kokablätter verbrennt. Mit meiner Familie haben wir die Sachen um Puntk 12 segnen lassen, mal schauen was die Inkamagie so kann....

Diese Woche ist hier in Bolivien Karneval, was vor allem in Oruro groß gefeiert wird. Oruro ist eine Minenstadt mit einem weiteren Marienbildnis als Schutzpatron. Der Karneval entsprang zunächst als Ehrdarbietung an die "Virgen de Oruro", wurde aber mit den Jahren zum größten und buntesten Karnevals Boliviens, für Samstag bis spät in die Nacht und Sonntag traditionelle Tänze vorgeführt werden. Man sagt, dass Bolivien neben Mexico das Land mit der größten folklorischen Tradition in Südamerika ist, deswegen bin ich mal gespannt was mich dieses Wochenende zu erwarten hat....