Tuesday, September 23, 2008

Begegnung einer etwas anderen Art

Am Sonntag fuhr ich mit meinen Kollegen, inzwischen schon Freunden, Jonas, Andrés, Pamela und ihrem Mann Juanjuo nach El Alto zur Feria. Die Feria ist eine Straßenmesse, die jeden Sonntag in El Alto stattfindet und insgesamt rund 45.000 Stände fasst. Hier kann man wirklich alles kaufen; Kleidung, Schuhe, elektronische Geräte, Essen, Autos, einfach alles, was man nur kaufen kann. Die Sachen sind in der Regel gebraucht.
Bei Ankunft versteckten wir unsere Sachen in unseren Innentaschen, weil hier oben in den engen, ungepflasterten Straßen in dem Geschiebe und Geschubse zwischen den Ständen gerne Leute beklaut werden. Ich, als Gringo, so wurde mir gesagt, müsse besonders achtsam sein. So haben wir uns in das Getümmel gestürzt, und es war wirklich extrem lustig stundenlang bei den Ständen zu stöbern, Sachen anzuprobieren und letzteenendes mit dem Verkäufer um jeden Boliviano zu feilschen. Erstaunlicherweise habe ich sogar Sportschuhe in meiner Größe gefunden. Wo die herkommen, will ich allerdings nicht wissen.
An jedem zweiten Stand hingen Pullis von irgendwelchen Sportmannschaften, darunter auch Schulteams aus z.B. den USA, wo noch die Namen der Vorbesitzer draufwaren. So hätte ich mich gut eindecken können mit Pullis, die vorher Meagan, Kyle oder Stefan gehört haben. Am nächsten Tag hat mir mein Mitarbeiter Nelson zum gleichen Thema erzählt, dass sein Onkel mal übefallen und ausgeraubt worden ist. Um sich ein billiges Handy zu kaufen, ist er auch nach El Alto gefahren. Nach kurzer Suche fand er an einem Stand sein Handy, nebst Brieftasche und seinen anderen Habseligkeiten. Fast alles, was geklaut oder gefunden wird, landet auf der Feria, nachdem es durch einige Hände gegangen ist.
Hier oben kommen nur sehr sehr selten Touristen hin. Deswegen wollte mich der eine Schuhverkäufer warscheinlich auch abziehen. Ich hatte gute Schuhe gefunden, nur als ich beide anprobiert hatte, war der eine in 45, der andere in 46. Als ich ihn drauf ansprach meinte er nur verwundert "cheee, stell dich nicht so an, was ist schon eine Größe unterschied..."
Das erstaunlichste Erlebnis hatte ich mit einer schon etwas älteren Chola, die am Straßenrand saß und irgendwas verkauft hat. Andres und ich sahen uns ihre Sachen an, als die Frau aufblickte und mich ansah, dabei ihre Tochter anstubste und sagte: "Schau mal den Jungen an. Hija, so sehen Engel aus". Andres und ich waren total verdutzt und verließen den Stand ohne was zu kaufen. Als wir gingen hörten wir sie noch sagen, "heute ist ein glüklicher Tag, denn heute wurden wir von einem Engel besucht"....

Später am Nachmittag, nachdem wir die Feria voll beladen verlassen hatten, bin ich noch zzum Clasico gegangen. Das ist das Spiel zwischen den beiden ältesten Fußballvereinen der Stand, zwischen Bolivar und The Strongest. Das Spiel war ausgesprochen gut, auch wenn das Niveau nicht wirklich hoch ist und es zum Teil schon ganz schönes Gekicke war. Es war ein offenes Spiel, das am Ende keinen Sieger verdient hatte und auch gerechterweise 3:3 ausging. In den letzten 5 Minuten ging es noch richtig gut zur Sache. Beim Stand von 2:2 gab es erst einen Lattenschuss von The Strongest. Eine Minute später liefen sie einen Konter, Zweikampf im Strafraum, der Stürmer fällt, Elfmeter! Höchst umstritten, es gibt minutenlang Geschubse und Gerangel um den Schiedsrichter, aber das ändert nichts an der Entscheidung. Der Elfmeter wird verwandelt, die einen Schreien vor Freude, die anderen vor Aufregung. Nach Anstoß wird der Ball von Bolivar nach vorne gebracht, es läuft die Nachspielzeit. Ein Fall vor dem 16 Meterraum, Freistoß. Wieder Gerangel. Aber, der Schütze läuft ein, schießt, und der Ball geht rein! Unglaublich schönes Freistoßtor, auch letzte Aktion des Spiels. Wirklich gutes Spiel!!!
Anders als in Deutschland laufen nach dem Spiel Zuschauer auf den Rasen. Und die Schiedsrichter werden hier von einem Einsatztrupp Polizisten in voller Kampfmontur (Helm, Schlagstöcke, Pistole und Schilder) gedeckt und vom Spielfeld geführt. Aber nach dem Spiel blieb zum Glück alles ruhig.

So, das nächste Mal schreib ich etwas über meine erste größere Reise. Am Mittwoch oder am Donerstag geht es für mich für ein paar Tage nach Arika, Chile.

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