Thursday, September 11, 2008

Die politische Situation

Ich weiß nicht, was gerade über die momentane Situation in Bolivien in Deutschland berichtet wird. Deswegen schreib ich mal ein bisschen was über die situation und die Problematik dahinter.

Der Grund für die Demos und Proteste momentan in Bolivien ist die Politik vom Präsidenten Evo Morales. Evo Morales gehört der Partei MAS (movimiento al socialismo, Bewegung zum Sozialismus) an, und hat eine Umverteilung der Staatseinnahmen begonnen. Bolivien an sich ist reich an Bodenschätzen wie zum Beispiel Gas. Die Vorkommen wurden aber immer von ausländischen Investoren bearbeitet, so dass der Großteil des Gewinns auch außer Land geflossen ist. Morales hat nun begonnen, die Gasfirmen zu verstaatlichen, um die Gewinne umzuverteilen.
Bolivien an sich ist ein sehr zentralistisches Land. Alles, was das Land betrifft, wird in La Paz entschieden. Die einzelnen Provinzen haben nicht so viel entscheidungsspielraum. Im Zuge der Verstaatlichung der Firmen ist auch eine Umverteilung der Gewinne einhergegangen. Morales will, dass alle Einnahmen nach La Paz gehen und von hier aus umverteilt werden.
Die Provinzen, die die meisten Gewinne einfahren, sind aber Santa Cruz, Tarija und Beni. Für sie bedeutet die Umverteilung ein klarer Verlust, außerdem fühlen sie sich ungrecht behandelt, weil ihr hart erarbeitetes Geld nicht in der Provinz bleibt. Somit fordern sie mehr Autonomität und eine Dezentralisierung der Regierung ein!
Der Konflikt wird von der ethnischen Verteilung im Land noch angefacht. Im Hochland und um La Paz leben größtenteils Menschen indigenger Abstammung, die fest hinter "ihrem" indigenen Präsidenten Morales stehen. Im Süden leben eher die Nachfahren europäische Einwanderer.

Das passiert gerade genau im Land: In Santa Cruz, Beni und Tarija gibt es Straßenblockaden, so dass diese Städte nicht erreicht werden können. Der Flugahfen in Santa Cruz wurde zeitweise auch besetzt. Täglich gibt es Demos und Proteste in diesen Städten, die leider zum Teil leider nicht immer friedlich ablaufen. Für den Rest des Landes bedeutet das, dass bald Fleisch und Getreide knapp werden könnten, weil diese Lebensmittel genau in diesen Städten produziert werden und aufgrund der Straßenblockaden die Güter ihre Zielorte nicht erreichen können. Deswegen habe ich auch mit meiner Gastmama 8 Kilo Frischfleisch gekauft.
Morales kann momentan nicht wirklich mit einer Lösung aufarten. Er verurteilt die Ursupatoren und ruft zur Einheit auf, nach Beni wurden, um die Situation zu beruhigen, auch schon Soldaten geschickt. Zum allen Überfluss hat Morales gestern den Amerikanischen Botschafter als Unterstützer der Aufständischen, so wie er die Vetreter für mehr Autonomie nennt, des Landes verwiesen und ihm seinen Botschafterstatus entsagt. Heute haben dann auch prompt Ponchos Rojos, also MASisten (=Anhänger von Morales) vor der amerikanischen Botschaft in La Paz demonstriert.
Im Hochland, besonders in La Paz, ist alles ruhig. Die Situation im Santa Cruz ist angespannt, aber keinesfalls gefährlich. Das ist der Tenor meiner Mitarbeiter und der Nachrichten.
Während eines Meetings um die Handhabung zu Besprechen, was mit den Austauschschülern passieren wird, falls die Situation schlimmer wird, wurde klar, dass solche Situationen in den letzten Jahren öfter waren und somit kein Grund zur Hysterie besteht. Bis jetzt sind solche Proteste so schnell abgeflaut wie sie gekommen sind, und diese Probleme gehören zum Land.
Momentan ist es halt nur schwer, zu reisen, wegen der Straßensperren, aber die werden auch nicht ewig bestehen bleiben.
Mir geht es also gut und hier ist alles ruhig. Mich interessiert trotzdem ob und falls ja was in Deutschland berichtet wird.

2 comments:

Annemarie said...

Tja, ich kann dir nichts geprüftes über die Berichterstattung in Deutschland erzählen, jedoch erzählt mir ein "Google Allert" immer einiges - jedoch häufig das selbe. Die letzten 3 Wochen wurde hauptsächlich über das Verfassungsreferendum vor allen in der FAZ und der ZEIT berichtet. Und zwar nur darüber.
Über Proteste steht lediglich geschrieben, dass es welche in Form von Sperren etc in den von dir erwähnten Regionen gibt. Keine Ausschreitungen o.Ä...
Falls dich die amerikanische Berichterstattung interssiert: nada! Das einzige was hier zählt, ist, dass Palin ein Schweinchen mit Lippenstift ist (sagte Obama) und das Obama keine konkreten Standpunkte in seinem Wahlprogramm bezieht (FOX-News, right winged). Ziemlich eintönig und auf keinerlei Außenwelt fokussiert - unfortunately.
Beste Grüße,
Annemarie

Anonymous said...

Sagen wirs mal so: Bolivien hat schon seinen Platz in der deutschen Berichterstattung, insbesondere nachdem der US Botschafter zur Persona non grata erklärt wurde und Chavéz gleich hinterhergezogen hat und wie wild von den "Yankees" schwadroniert. Bei SpOn gibts hier was (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,577973,00.html), bei der taz findet man Massen an Infos (auch im Print) und auf sueddeutsche.de ist auch einiges. Berichtet wird auf jeden Fall. Wie's im Fernsehen aussieht kann ich nicht sagen. Die Flimmerkiste ist bei mir i.d.R. aus ;).

Liebe Grüße nach Bolivien, haltet die Ohren steif da unten und auch an die Annemarie in die USA ;).